Gibt es eine spezifisch anarchistische Perspektive auf stadtbezogene Kämpfe und wenn ja, wodurch zeichnet sie sich aus? Eine anarchistische Stadtpolitik, sagt Jan Rolletschek, hätte der doppelten Anforderung zu genügen, einerseits von einer gegebenen Situation auszugehen und dabei andererseits dennoch nichts von ihrer Radikalität preiszugeben, um sich etwa in bloßem Reformismus zu verlieren. Die Schwierigkeit, vor der sie steht, bestehe also darin, ihre Äußerlichkeit gegenüber der Situation aufzugeben und sich in einen laufenden Prozess hineinzubegeben, um im handelnden Anschluss an die Situation und in einem Prozess, der sie zweifellos selbst verändern wird, dennoch die Höhe ihres Ideals (der Überwindung aller Herrschaftsverhältnisse) zu bewähren. Anarchistische Stadtpolitik sei daher eine grundlegend komplexe und unreinliche Politik, die trotz ihrer präfigurativen Züge von jeder einfachen Präfiguration unterschieden ist, da sie ‒ wie jeder Übergang und jede Transformation ‒ das Zugleich eines Schon-jetzt und eines Noch-nicht in sich beherbergen muss.
Ausgehend von einer kritischen Auseinandersetzung mit der „Kommunisierung“ wird Jan in einem kurzen Einleitungsvortrag seine Thesen zur anarchistischen Stadtpolitik entwickeln und vorstellen. Im Anschluss daran soll es breiten Raum zur Diskussion geben, in der diese Thesen auch anhand konkreter Erfahrungen in aktuellen Kämpfen erprobt, korrigiert und gemeinsam weiterentwickelt werden können.
Vorbereitend kann (!) der gleichnamig Artikel („Was ist anarchistische Stadtpolitik?) gelesen werden, der in der Gai Dào. Zeitschrift der anarchistischen Föderation Nr. 66-69 erschienen ist.
Jan Rolletschek ist Kulturwissenschaftler und beschäftigt sich im Rahmen seiner Dissertation mit der Spinoza-Rezeption des Anarchisten Gustav Landauer. Außerdem ist er in der Gustav Landauer Denkmal Initiative in Berlin aktiv.