Wer Chris Moser kennenlernt, kann nicht umhin, ihm fasziniert zuzuhören. Er kann erzählen. Authentisch. Und er hat viel zu erzählen. Von einem rebellischen Leben. Aufgewachsen in dem eher provinziellen Landeck, wurde er bald zum landesweit bekannten Graffiti-Aktivisten. Nach entsprechenden Konflikten mit der Behörde, ging er dazu über, seine Kunst auf Ausstellungen statt auf Hausmauern zu platzieren. Daneben nahm er an zahlreichen Protestaktionen teil, darunter seit 2001 auch für Tierrechte im Rahmen des VGT. Als würde das noch nicht den Tag füllen, arbeitet er als Restaurator und lebt mit seinen 3 selbstredend veganen Kindern und seiner Frau in einem uralten Bauernhaus in der Wildschönau in Tirol. Ein Haus, das im Übrigen auch viel Zeit für Pflege benötigt.
Chris Mosers neues Buch „viva la rebellion“ will dazu aufrufen, widerständisch zu leben. Ausreden, man habe keine Zeit, zu wenig Geld oder eben eine Familie mit Kindern zu Hause, gelten nicht. All das hat Chris Moser auch. Und trotzdem koordiniert er jede Woche Protestkundgebungen des VGT in Tirol oder hält Vorträge an Schulen und nimmt an Großkundgebungen teil. Seine Kinder wollte er nicht in eine normale Schule stecken, und da es keine nicht-direktive (früher: antiautoritäre) Schule in der Nähe gab, gründeten seine Frau und er kurzerhand eine. Dort unterrichtet er heute noch jede Woche, und dort schließen bzw. schlossen seine Kinder die Schulbildung ab.
Bekannt wurde der Autor durch seine Rolle im Tierschutzprozess. Da überfielen PolizistInnen am 21. Mai 2008 in den frühen Morgenstunden sein Haus, legten ihm Handschellen an und durchsuchten den gesamten Wohnungsbereich. Auch im nahegelegenen Stall, in dem er seine Kunstwerke aufbewahrt, wurde gewühlt und einer der Beamten suchte mit einer Prüfstange den Garten nach einem eingegrabenen Versteck ab. Nichts zu finden hat diese SOKO Tierschutz damals nie eingebremst, vielmehr war das nur ein Hinweis auf besonders perfide Fähigkeit, Tierschutzstraftaten geheim zu halten, und so wurde Chris Moser, wie 9 andere TierschutzaktivistInnen zur gleichen Zeit, in U-Haft überstellt. Für ihn besonders dramatisch war dabei die Trennung von seiner Familie. Und für ihn besonders mühsam die fast 600 km lange Anreise zum Landesgericht Wr. Neustadt 3 Mal pro Woche während seines 14 monatigen Prozesses. Ohne Spenden von SympathisantInnen hätten er und seine Familie diese Zeit damals nicht überstanden. Es ist sehr berührend, Chris Moser von dieser Zeit erzählen zu hören, und bei seinen vielen Buchlesungen – er schrieb bereits 2 Bücher darüber – kann man ihn persönlich erleben.
Mit „viva la rebellion“ schließt er nun mit einem dritten Buch an die anderen beiden nahtlos an. Das neue Werk ist sehr leicht lesbar, es handelt sich um viele Kurzgeschichten aus seinem reichen Erfahrungsschatz. Da kann man richtig miterleben, wie er als 16 Jähriger seine Graffitikunst verbreitet, aber auch wie er eine Großdemo mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen in Davos anlässlich des dortigen Weltwirtschaftsforums unterstützt, oder wie er bei einer Kletteraktion im Rahmen der VGT-Tierversuchskampagne auf die Triumphpforte und das Befreiungsdenkmal in Innsbruck festgenommen wird. Zusätzlich finden sich in dem Buch einige Abdrucke seiner neuesten Kunstwerke.
Chris Moser ist kompromisslos in seinen politischen Ansichten. Aber seine Aktionen haben durchaus pragmatischen Charakter und sind auf konkrete, machbare Änderungen hin orientiert. Und insbesondere zeigt er eine große Toleranz für diesbezüglich andere Ansichten seiner MitkämpferInnen. Diese Kombination ist selten im politischen Aktivismus, Zusammenarbeit statt Grabenkämpfen. Vermutlich ist er deswegen den Behörden so ein Dorn im Auge. Und vermutlich hat er deswegen so lange bereits durchgehalten.
Ich kann die Lektüre dieses Buches nur aus ganzem Herzen empfehlen.
-Auzug von Martin Balluch